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Je länger Uli nur stumm und fast bewegungslos vor ihnen lag - er warf lediglich hin und wieder seinen Kopf zur Seite, abwehrend, wie Ärger -, desto redseliger wurden sie; als ob von seinem Schweigen der Zwang ausginge, zu sprechen, spickten sie ihn mit letzten Nachrichten aus dem Betrieb und tischten ihm private Erlebnisse auf und kommentierten sich gegenseitig und um gemäßigten Frohsin bemüht. [...]. Der Taxifahrer sah schon im Rückspiegel, wie der Mann sich heranschleppte, schleifend und ohne abzurollen, wobei er den Stock, der ihm doch hätte Sicherheit geben sollen, so stümperhaft gebrauchte, dass er ihn zusätzlich zu gefährden schien. Wie ungleichmäßig er ansetzte, mit welchem Aufwand er abstemmte. Anstatt einen gewonnenen Schwung auszunutzen, setzte er immer von neuem an, ruckend und Maß nehmend bei jeden Schritt; kein Wunder, dass ihm der Mund aufsprang, dass er schnappen musste und wieder und wieder die verbliebene Strecke überschlug. Endlich war er heran, klopfte mit dem Gummischuh seines Stockes gegen die Wagentür, fordernd, als ob er ein Recht darauf hätte, sich auf diese Art bemerkbar zu machen.

Siegfried Lenz - Der Verlust